BUND Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland


Artgerechte Heimtierhaltung

20. April 2008

Artgerechte Heimtierhaltung: Ausstellung im Jüchener Rathaus

Viele Heimtiere müssen ihr Leben lang in Käfigen leiden, teils aus Unwissenheit, teils aus Egoismus der Besitzer. Kaufentscheidungen werden oft unüberlegt gefällt. Die Tiere werden gekauft, weil sie süß sind, weil sie gerade in Mode sind oder weil sie noch klein sind und man sich nicht vorstellen kann, dass sie wachsen und mehr Platz brauchen. Auch die Lebenserwartung wird oft ignoriert. Gerade Kinder finden das Heimtier im ersten Jahr noch interessant, verlieren dann aber oft schnell das Interesse und das Tier wird vernachlässigt. Doch ein Heimtier hat Anspruch auf artgerechte Pflege und Haltung während seines ganzen Lebens in der Hausgemeinschaft.

Die BUNDSpechte wollten mit ihrer Ausstellung über die Ansprüche der gängigsten Heimtiere informieren. Artgerecht halten kann man ein Tier erst, wenn man weiß, wie das Tier in natürlicher Umgebung leben würden. Besonders wichtig dabei sind Informationen über das Sozialleben, den Bewegungsbedarf, Tag- und Nachtaktivität und Ansprüche an die Umgebung.

Auf einer großen Tafel haben die BUNDSpechte die Ansprüche der Heimtiere zusammengefasst, so dass man sich vor der Anschaffung eines Heimtieres informieren kann, ob man dem Tier eine artgerechte Haltung ermöglichen kann. Wenn es nicht möglich ist, sollte man auf das Tier verzichten. Zusätzlich haben die BUNDSpechte Steckbriefe der Tierarten ausgelegt, um ausführlicher über die Tiere zu informieren.

Artgerechte Haltung bedeutet im Wissen um die natürlichen Verhaltensweisen der Haustiere das Tier in die häusliche Gemeinschaft integrieren und verantwortlich gegen andere Menschen und die freie Natur handeln.

14. Juni 2004

1.Teil: Nager und Kaninchen

Beim Betreten des Rathauses entdeckt der Besucher auf dem Boden Tierspuren, die zur Ausstellung „artgerechte Heimtierhaltung“ der BUNDSpechte Jüchen führen.

Auf großen Postern haben die BUNDSpechte zu jedem Nager die Kernaussagen mit einem Slogan versehen:

"Ich bin doch nicht blöd" für die Ratten,

"Immer die Nase im Wind" für die Rennmäuse,

"Wohnst du noch oder lebst du schon" für Chinchillas,

"Hauptsache action" für Mäuse,

"Für meine Zukunft sehe ich grün" für Meerschweinchen,

"Hamster machen die Nacht zum Tag",

"Auslauf macht die Kinder froh, und Kaninchen ebenso",

"Hörnchen auf Streife, schneller als die Polizei erlaubt" für Streifenhörnchen.

Das Folgende sollte jeder Tierhalter bedenken: Ein Meerschweinchen, das normalerweise in Kolonien lebt, leidet unter Vereinsamung, selbst wenn der Tierhalter sich zwei Stunden pro Tag mit dem Tier beschäftigt. Wie die meisten Heimtiere leidet eine Rennmaus auch in einem größeren Käfig unter der Bewegungseinschränkung, weil ihr Bewegungsapparat darauf eingerichtet ist, in natürlicher Umgebung auch große Strecken schnell zu überwinden. Ein nachtaktiver Hamster wird permanent in seiner nötigen Tagruhe gestört, wenn er in einem Zimmer steht, in dem Musik läuft, Unruhe ist, oder er sogar tagsüber aus dem Schlaf gerissen wird, weil ein Kind gerade mit ihm schmusen will.

19. Juli 2004

2. Teil: Terrarien- und Aquarientiere

Der zweite Teil der Ausstellungsreihe „Artgerechte Tierhaltung“ beschäftigt sich mehr mit Artenschutz, ein Aspekt, der besonders in der Aquarien- und Terrarienhaltung beachtet werden sollte. Den BUNDSpechten ist es besonders wichtig, an die Tierhalter zu appellieren: „Hände weg von Wildfängen!“.

In der Heimtierhaltung und auf den Tierbörsen, wie der „Exotic Animal“ in Hamm setzt sich ein gefährlicher Trend durch: Haustiere werden nach ihrem Exotikgrad ausgewählt, ungeachtet davon, ob sie als Haustiere geeignet sind oder nicht. Ob im Internet oder an Tauschbörsen, exotische Arten können bestellt und verkauft werden, solange sie nicht unter das Washingtoner Artenschutzgesetz fallen. Eine Studie der World Conservation Union zeigte im letzten Jahr, dass mindestens 223 Vögel-, 140 Säuger- und 346 Amphibienarten weltweit vom Aussterben bedroht sind, aber noch keinen Schutzstatus haben. (Spiegel 44/2003) Während man in Deutschland ein Wildtier nicht ohne bestimmte Gründe (unterernährter Igel im Winter) in Gefangenschaft halten darf, ist die Haltung von exotischen Wildtieren erlaubt, da es keine Regelung gibt.

Infolge der EU Erweiterung befürchten Umweltschutz-Organisationen eine Zunahme des Schmuggels mit geschützten Arten. Vor dem EU Beitritt sind in den neuen EU-Ländern geschützte Arten vermehrt eingeführt worden, da es dort andere Artenschutzbestimmungen gab. Nach dem Eintritt in die EU ist der Transfer nach Westeuropa wegen der offenen Grenzen problemlos. Auch die Kontrolle an den um ein Drittel längeren Außengrenzen ist schwierig.

Beim Fang von Wildtieren werden oft brutale Methoden angewandt und natürliche Lebensräume zerstört. In den Zwischenlagern und beim Transport stirbt ein weiterer großer Anteil der gefangenen Tiere. Jeder hier angebotene, lebende Wildfang bedeutet eine mehrfache Anzahl an gefangenen und durch die Umstände bei Fang, Transport und Zwischenlagern gestorbenen Tieren.

Pro Life Analysen belegen, dass immer noch 90 % der Papageien aus der Wildbahn stammen. Jedes Jahr gelangen hunderttausende Reptilien aus tropischen Ländern nach Deutschland, werden 320 Mill. Zierfische für deutsche Aquarien „verbraucht“ (Pro Wild), und kommen 24 Mill. lebende Meers-Zierfische aus 1500 Arten in den Aquariumshandel.

Wenn man bedenkt, dass weniger als 10 % der marinen Zierfischarten gezüchtet werden (WWF) können, besteht ein hohes Risiko, dass Wildfänge angeboten werden. Korallenriffe werden meist großflächig aufgebrochen und zerstört , um an die versteckt lebenden Tiere heranzukommen.

Ein Süßwasser-Aquarium ist nicht nur in der Pflege einfacher, sondern unter Arten- und Umwelt- schutzbdingungen unbedenklicher. Meeres-Aquarianer sollten möglichst nur Tiere erwerben, die gezüchtet werden können oder bei Wildfängen nur Tiere mit dem MAC Zertifikat erwerben.

Das MAC (Marine Aquarium Council) Zertifikat garantiert:

- dass die Tiere ohne Umweltzerstörung entnommen wurden,

- dass Tiere nachhaltig entnommen werden, d.h., dass die Anzahl der gefangenen Tiere durch Nachkommenschaft ausgeglichen werden kann;

- dass der Tiertransport fachgerecht erfolgt;

Nicht nur wegen der Zerstörung von Ökosystemen und der Gefahr der Ausrottung von „geschützten“ und ungeschützten Arten sollte der Kauf von Wildfängen inakzeptabel sein, sondern auch wegen des Schicksals des gefangenen Individuums. In Freiheit aufgewachsen, leiden Wildfänge immer extrem unter Gefangenschaft und werden selten zahm. Außerdem gibt es kaum Informationen über artgerechte Haltung von exotischen Tieren.

 

4. Oktober 2004

3. Teil: Hund, Katze, Vogel

Mit dem dritten und letzten Ausstellungsteil werden Heimtiere behandelt, die schon seit Jahrtausenden vom Menschen als Haustiere gehalten werden, nämlich Hunde, Katzen und Vögel.

Obwohl Mensch und Tier schon so lange zusammenleben, kommt es immer noch zu zahlreiche „Missverständnissen“. Erst in neuer Zeit füllen z.B. Hundeschulen und Fachliteratur diese Lücken. Menschen, die nicht informiert sind, verstehen das Verhalten von Hunden oder Katzen oft falsch, verhalten sich selbst falsch und es kommt zu Konflikten, manchmal zu Unfällen.

Hier setzt die Ausstellung der BUNDSpechte an. Mit Poster wollen die Jugendlichen auf die „Sprache“ und die „Sichtweise“ dieser Tiergruppe aufmerksam machen. Darüberhinaus haben sie einen „Guckkasten“ gebaut, in dem jeder Besucher sich die Sichtweise des Tieres vorstellen soll. Was nützt einem Vogel im Käfig der Ausblick in die freie Natur? Ein Hund erlebt die Umgebung über Gerüche, nicht über das Aussehen. Die Katze legt Wert auf ein „gemütliches“ Heim und braucht Freiheiten. Ihre Welt besteht aus Geräuschen und Bewegungen.

Artgerechte Haltung liegt den BUNDSpechten am Herzen, doch es gibt auch Konflikte zwischen artgerechter Haltung und dem Naturschutz. Durch Wald und Feld streunernde Hunde stellen eine tödliche Gefahr für die Wildtiere dar, ebenso freilaufende Katzen. Hier appellieren die BUNDSpechte an das Verantwortungsgefühl der Tierhalter.

Die Tiergruppe der Hunde, Katzen und Vögel gehört zu den Haustieren mit langer Lebenserwartung. Deswegen sollte eine Anschaffung vorher gut überlegt werden, denn es bedeutet eine Verpflichtung über viele Jahre, oft Jahrzehnte. Bei Hunden ist es wichtig, sich vorher über die Eigenschaften der vielen Rassen zu informieren, damit Hund und Halter die gleiche Wellenlänge haben.

Vögel in Käfige zu sperren, ist keine artgerechte Tierhaltung. Während man kleineren Vögeln mit dem Freiflug im Zimmer oder in einer großen Voliere noch annähernd artgerechte Bewegung ermöglichen kann, ist dies bei den Großvögeln aus mangelnder Fläche nicht mehr möglich. Ppageien und die großen Sittiche gehören nicht ins Wohnzimmer! Es bedeutet für sie lebenslängliche Haft, und das über Jahrzehnte, bei manchen Arten über 100 Jahre!

Die Haltung von Papgeieinarten ist besonders kritisch. Pro Life Analysen belegen, dass immer noch 90 % der Papageien aus der Wildbahn stammen. Deswegen appelllieren die BUNDSpechte an die Tierhalter: Kaufen Sie auf keinen Fall Wildfänge!

Damit sie mehr singen und besser „sprechen“ lernen, werden die sozialen Vögel oft einzeln gehalten. Die Tiere verzweifeln an ihrer Einsamkeit und neigen zu Selbstverstümmelungen, wie Federrupfen etc. Die BUNDSpechte appellieren, mindestens zwei Vögel zusammenzuhalten und: Hände weg von Handaufzuchten! Denn diese Tiere werden meistens neurotisch. Sie sind fehlgeprägt und verzweifelt an der Einsamkeit auch mit einem zweiten Vogel, denn dieser wird nicht als Artgenosse erkannt.

Während Hunde, Katzen und Vögel heute meist soziale Funktionen erfüllen, als Schmusetier und Familienmitglied, waren Hunde und Katzen früher eher arbeitende Mitbewohner.

Katzen wurden zur Mäuse- und Rattenjagd angeschafft. Die freie Lebensweise der Katze erschwerte die Einflussnahme des Menschen auf Rassemerkmale, dies war erst möglich, als der Mensch verstärkt „Haus“-Katzen hielt. Die Zuchtauswahl liegt deshalb auch eher in der Selektion von Körpermerkmalen

Der Hund als Rudelmitglied war immer eng an den Menschen gebunden. Dadurch war es auch einfacher, die Fortpflanzung zu kontrollieren und Zuchtziele zu verfolgen. Ursprünglich war der Hund wegen seines Rudel- und Jagdverhaltens Partner bei der Jagd. Hier züchtete der Mensch Rassen, die besonders für die Hochwild-, Nieder-, Wasser- oder Rattenjagd geeignet waren. Aus dem natürlichen Verhalten des Hundes ergaben sich Aufgaben als Wachhund, Hirtenhund oder Schutzhund, wobei die entscheidenden Verhaltensweisen noch durch Zuchtauswahl verstärkt wurden. Doch auch die reine Körperkraft großer Tiere wurde genutzt: Hunde mussten Wagen und Loren ziehen oder Mahl-Räder drehten. Der gute Geruchssinn führte zu Einsatzmöglichkeiten als Spürhunden, Trüffel-, Rauschgift- oder Sprengstoffhunde. Die Lernfähigkeit und die soziale Anlage des Rudeltieres wurde für bei Rassen verstärkt, die als Blinden- Rettungs- oder Familienhunde gezüchtet wurden. Gerade in letzter Zeit sind auch negative Zuchtziele in der öffentlichen Diskussion. Dazu gehören zum einen Qualzuchten, die zum Leiden der Tiere aufgrund der Körpermerkmale führen: zu kurze Nasen, zu lange Ohren, zu langer Körper. Bei Kampfhunden sind ebenso negative Merkmale herausgezüchtet worden. Wie Schutzhunde werden Kampfhunde auf Aggression gezüchtet. Darüber hinaus wird ihnen jedoch auch Verhalten weggezüchtet, wie Beisshemmungen und Unterwerfung, wenn sie erkennen, dass sie bei einer Auseinandersetzung unterlegen sind.

Quelle: http://archiv.bund-kreis-neuss.de/ortsgruppen/juechen/tierschutz/artgerechte_heimtierhaltung/